Mittwoch, 25. März 2020
Mi., 25. März
Mazda Graf meldet: Das Münsinger Autohaus steht zu den normalen Öffnungszeiten mit dem gesamten Team zur Verfügung. Natürlich werden alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Kunden und Mitarbeiter getroffen, aber der normale Betrieb geht weiter.
Des weiteren wird ein kostenloser Hol- und Bringservice ohne direkten zwischenmenschlichen Kontakt angeboten.




So nah und doch so fern! Sehnsuchtsort Münsing – jeden Morgen dieser Blick vom Balkon, und ich kann nicht zu K&K fahren, meinen Cappuccino trinken, mit jemandem rumsitzen und reden oder einfach nur Zeitung lesen. Eigentlich ist es das einzige, was mir im täglichen Ablauf wirklich fehlt.


Elke aus dem Wald: Eine Rarität. Eine blühende Alpenrose, die zu den Rhododendren gehört. Das Bild habe ich gestern bei uns im Garten gemacht - blühend – kein Fake. Eigentlich blüht dieser Rhododendron im Mai/Juni. Dieses Jahr hat er sich wohl anders entschieden. Extra für uns!




Ist es schon soweit? Eben habe ich bei meinem Freund, dem 3. BGM angerufen. Der Enkel sagt, der Opa sei nicht zu sprechen, weil er die Hühner einfängt. Ich fragte: "Habt ihr rechten Hunger?" Der Enkel: "Nein, wir haben gerade gegessen." – "Was macht er dann mit den Hühnern?" – "Weiß ich auch nicht!"


Dr. Lohse berichtet: Die Pandemie trifft auch uns. Nach Wochen des Beobachtens der Geschehnisse in der Ferne, aus der vieles kleiner und harmloser erscheint, realisieren wir vor zwei Wochen, dass hier eine riesige Welle auf uns zurast. Am Donnerstag, dem 12. 3. beschließen wir, unser Praxisteam in Team A und B zu trennen, jeweils eine Hälfte der Mitarbeiterinnen mit einem der Ärzte.
 
Nach diesem Beschluss wird uns etwas bang, wer weiß schon, was das werden sollte. Nur noch eine Ärztin in der Praxis, nur die Hälfte der Mädels, alle Termine abgesagt. Die andere Hälfte „draußen“, ohne jeden persönlichen Kontakt. Das „draußen-Team“ leistet Hausbesuche, logistische Hilfe und versucht alles, sich fit und gesund zu halten. Sinn ist, dass wir, wenn es zu einer Ansteckung kommt, noch ein funktionsfähiges Team haben, so wie es nun in vielen Firmen läuft. Es geht schließlich um unsere Dörfer, um viele teils schwer erkrankte Patienten, die wir nicht aufgrund eigenen Erkrankens alleine lassen wollen. Ein erster Patient wird positiv getestet, es geht ihm aber gut.
 
Ab Montag, 16. 3. arbeitet das B-Team in der Praxis, das A-Team draußen. Sitting bull und flying eagle. Alles klappt gut, auch wenn die Nerven hoch angespannt sind, wir haben nun mehrere Auslandsrückkehrer mit positiver Testung. Allerdings tauchen schon erste verdächtige Erkrankungsfälle auf, bei denen wir Abstriche machen. Urlauber der Faschingsferien aus den Skigebieten sind verunsichert, die Schulen schließen ebenso wie die Kinderbetreuungen. Ich höre erstmals das Wort „systemkritisch“ – besser als „systemrelevant“ zu verstehen. Wir werden plötzlich wichtig für das System, ein komisches Gefühl.  



Da es uns unheimlich ist, die Leute in die Praxis zu holen, machen wir erste Abstriche auf dem Parkplatz. Und wir drehen ein Whatsapp-Video, um zu erklären, wie man bei sich einen Abstrich selber machen kann.  
In einem Kindergarten Aufregung, da Kinder als Kontaktpersonen zu einem positiv Getesteten galten. Der hohe Aufklärungsbedarf kostet Zeit. Gott sei Dank keine Folgefälle, aber auch die Möglichkeit, erste Erfahrungen zu sammeln, über eine Chatgruppe effizienter zu arbeiten.
 
Diese erste Woche geht gut bis zum Mittwoch, dem 18. 3. Da stört ein positiver Covidbefund das bei einer Patientin aufkeimende „wir schaffen das Gefühl“. Ich muß als ungeschützte Kontaktperson ab sofort bis zum 27. 3. in Quarantäne.  Am letzten Tag des „Normalbetriebes“ , am Freitag dem 13. Könnte ich mich angesteckt haben.
Das A-Team lässt sich nicht erschüttern, funktioniert auch ohne mich, das B-Team mit Frau Dr. Özden hält die Praxis am Laufen. Die Patienten werden immer vorsichtiger, nur noch wirklich Kranke kommen in die Praxis.

Außen, im System, wird versucht, über die Telefonnummer 116117 einen Vor-Ort -Service mit Abstrichen zu etablieren. Der Versuch säuft ab, viele Patienten kommen telefonisch gar nicht durch, müssen tagelang auf einen Abstrich und noch länger auf das Ergebnis warten. Das Gesundheitsamt versucht, Strukturen aufzurichten, um der zunehmenden Flut Herr zu werden, Respekt. Allerdings werden sie im Amt von den Aufgaben überrollt.

In Ammerland wird am 14. 3. schnell noch ein Maibaum geklaut. Da saßen sie – wie ich früher auch – in den Wachhüttn und bekräftigten die Gemeinschaft, die Identität.
In der Praxis betreuen wir nun drei positiv getestete, denen es aber, teils nach heftiger Krankheit, wieder gut geht.
Ende der ersten realen Pandemiewoche.

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