Sonntag, 9. August 2020
So., 9. August 2020
Was für ein herrlicher Morgen. Gegen neun waren wir bereits am Ammerlander Badestrand, schwammen hinaus und genossen die ersten Sonnenstrahlen, die über die Bäume hinweg den See zum Glitzern brachten. Etwa alle 50 bis 100 Meter saßen vereinzelte Badegäste am schattigen Ufer. Plötzlich schallt es lautstark über das Wasser:
? Warum gehen Sie denn so nah her? Lassen Sie doch Abstand! ?
? Was wollen Sie denn? Ich bin doch mindestens zwei Meter weg. ?
Vom See aus sehe ich, wie zwei etwas beleibte ältere Herren im gerade noch zulässigen Corona-Abstand aufeinander einreden, während der neu Hinzugekommene sich umzieht.
? Aber es ist doch der ganze Strand frei, warum kommen Sie denn so nah? ?
? Ich bin immer hier. ?
? Aber Sie können doch ein paar Meter weiter rüber gehen, dann sind Sie doch immer noch da! ?
? Ich bin immer genau an diesem Baum. Das ist ein öffentlicher Badestrand und da kann jeder hingehen, wo er will. ?
? Aber doch nicht so nah, das muss doch nicht sein ?
? Dann gehen Sie halt weiter weg, wenn?s Ihnen nicht passt. ?
? Das wär ja noch schöner, ich war doch zuerst da ?
? Das spielt keine Rolle. ?
Der Eindringling steht nun splitternackt vor dem anderen Herrn, der dieser schamlosen Konfrontation offenbar nervlich nicht mehr gewachsen ist, denn er ruft nur noch laut ?Unverschämtheit!? und stürzt sich in die Fluten.
Da Ganze erinnert mich an folgende Situation: Ich sitze als einziger Passagier in einem Omnibus, dann steigt einer ein und setzt sich genau neben mich. Wäre der Bus voll: kein Problem, so aber irgendwie schon. Ich bin der ? vielleicht irrigen ? Annahme, jeder wolle gerne eine Sitzbank für sich alleine und seine Ruhe haben. Jetzt mal ganz unabhängig von Corona. Will einer das nicht, so wirkt das auf rätselhafte Weise verdächtig, ja sogar ein wenig unheimlich. Will der mich anquatschen, angreifen oder gar berauben? Oder will er nur einen Witz loswerden? Ich würde jedenfalls so tun, als müsste ich an der nächsten Station aussteigen und mich dann nach vorne in Fahrernähe platzieren.
Wohl um seine Habseligkeiten im Auge zu behalten schwimmt der Bedrängte rückwärts und dreht sich erst in Bauchlage, als er den anderen auch im Wasser weiß. Nun sticht er mit kräftigen Zügen auf den See hinaus und befindet sich dabei auf Kollisionskurs mit der einzigen weit und breit vorhandenen Möglichkeit, einer jungen Frau, die auf ihrem SUP steht und mit gemächlichen Schlägen über den See paddelt. Der Schwimmer hält unbeirrt auf den wahrscheinlichen Treffpunkt zu und ruft mehrfach ?hallo?, was die Supperin jedoch nicht bemerkt, da sie mit Ohrstöpseln Musik hört und den Blick in weite Ferne gerichtet hat. Im letzten Moment weicht der Schwimmer dann doch noch aus und schwimmt kopfschüttelnd weiter.

Es kann erstaunlich eng werden auf einer Uferlänge von 49 Kilometern und einer Wasserfläche von über 58 Quadratkilometern.

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