Freitag, 7. August 2020
Fr., 7. August
Dr. Lohse grüßt aus dem Urlaub



Die 22.Woche der Pandemie in Münsing, Pause auf Mallorca.
Die Zikaden können schon einen unglaublichen Lärm machen. An mein rechtes Ohr brandet das Sägen der Zikaden, das linke Ohr wird vom Klappern der Teller und Pfanne in der Küche verwöhnt, in die Nase kräuselt sich ganz langsam der Duft einer Tortilla de Patatas. Allerdings riecht da etwas leicht angebrannt – meine Frau tauscht sich gerade mit Vroni, unserer Nachbarin über die wesentlichen Dinge des Lebens aus. Wenn ich den Blick von der Tastatur hebe, blicke ich über einen weitläufigen spanischen Garten, Palmen, Olivenbäume und das blaue Schimmern des Pools.
Seit Jahrzehnten besitzt die Schwiegerfamilie auf Mallorca ein Haus, in dem vor etlichen Jahren die Zeit stehengeblieben ist. Der nächste Nachbar ist ein paar hundert Meter, das Meeresufer etwa fünf Kilometer und Ballermann etwa sechzig Kilometer entfernt.

Unsere Attenkamer Nachbarn ließen sich von der Idee „wir fahren (mit dem Auto) nach Mallorca“ schon vor Weihnachten, als Corona gerade geboren war, anstecken. So konnten wir uns das ganze Flughafengedrängel ersparen und fuhren mit den eigenen Autos über Toulon in Frankreich mit der Fähre nach Alcudia, einer kleinen Hafenstadt auf Mallorca.

Mallorca, bislang wenig von der Pandemie direkt betroffen, leidet extrem unter den Folgen der weltweiten Infektion. Wo sich Abertausende von Touristen drängelten, herrscht meist distanzierte Ruhe. Die Hotels scheinen oft leer zu stehen, die gesamte Saison fällt fast komplett aus.
Da wir aber „Selbstversorger“ sind, bekommen wir kaum etwas davon mit. Die Fähre war nur halb voll, die Straßen sind frei, die Geschäfte freuen sich über Besuch. Die Kinder der Nachbarfamilie profitieren, da nun die Tropfsteinhöhlen ohne Wartezeit besucht werden können. So können wir tief Luft holen für die zweite Runde, eine sicher sehr anstrengende Phase der Herbst-Winter-Infekte, garniert mit Coronainfekten.

Interessant finde ich den Umgang mit den Basisregeln Maske und Abstand:
In jedem Geschäft, in jeder Kneipe tragen die Inhaber und Angestellten Masken und halten Distanz. Die Touristen, deutsche, italienische, skandinavische und auch spanische sind eigentlich alle ähnlich: Die Morgenfraktion, also die, die morgens an den Strand gehen, um gegen zwei mittags wieder heim gehen, tragen zu mindestens achtzig Prozent Maske und halten Distanz. Die zweite Welle, ab mittags, schein das kaum mehr zu benötigen, gerade ein Drittel hält alle Regeln ein. Das ist dann auch die Gruppe der Kinderlosen, sei es ein Rudel Schulabsolventen oder ein paar stark tätowierte coole Pärchen oder ein paar sonnenverbruzzelte Alte. Zwar verallgemeinere ich gerade fürchterlich, aber statistisch stimmt das schon meist.
Die Story von den schlimmen Touristen im Allgemeinen kann ich definitiv nicht bestätigen, befürchte, dass auch zuhause die Coronamüdigkeit schwer um sich greift und die Regeln gerne vergessen oder missachtet werden.
Bei täglichen Neuinfektionen von über tausend pro Tag in Deutschland, den höchsten Zahlen seit Mai, werden wir diese Müdigkeit wohl bald wieder mit einem tiefen Seufzer beiseite schieben müssen.
Mittlerweise hätten wir ja gelernt, was sicher gefährlich ist – Party mit viel Alkohol. Ob Schule und Kindergarten problematisch sind, werden wir sehr bald wissen. Da fürchte ich, wird es noch viel Streit geben, da die Eltern schlicht und ergreifend die Zeit in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr haben. Mit dem Fußball habe ich, so fürchte ich, eine Außenseitermeinung: Da wird trotz steigender Zahlen tatsächlich über Stadienöffnungen diskutiert, also dem Zusammenführen von zigtausenden Menschen, die sich begeistern wollen, die bei einem Tor nicht nur leise klatschen wollen und sicher nicht nur Wasser trinken. In einer Kirche soll „ohne Inbrunst“ gesungen werden, und dort sollen Tausende leise Tooor meditieren? Corona zeigt doch auch Ausfallserscheinungen beim logischen Denken, nicht nur beim Geruchssinn.

Hier ist nun nach dem Genuss einer Tortilla de Patatas mit Allioli die Siesta ausgebrochen. Danach möchte noch ein Zitronenbäumchen eingepflanzt werden, sowie ein frühabendlicher Besuch des Strandes erfolgen. Das Bild von Amelie und mir am Strand ist AUSDRÜCKLICH FAKE. Natürlich sind wir ohne Masken am Strand. Aber wir fanden es als Urlaubsbild für 2020 irgendwie passend.

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Samstag, 1. August 2020
Sa., 1. August
Geht's noch? Der Texanische Chefarzt Dr. Varon, der bereits in zahlreichen Krisen-Hotspots auf der ganzen Welt geholfen hat, sagt, Corona sei das Schlimmste, was er je erlebt hat – aber insbesondere deshalb, weil er neben der Schlacht gegen das Virus parallel eine weitere zu führen habe, nämlich gegen die Dummheit. Na, da hätte er heute mal in Berlin sein sollen, wo an die 20.000 Zweibeiner dicht gedrängt und maskenlos gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierten. Deren IQ muss etwa auf dem Level sein wie der von Meister Trumpl, der, wie ja nun allgemein bekannt ist, überglücklich und megastolz war, einen läppischen Demenztest seiner Ansicht nach bravourös gemeistert zu haben.
Was wollen die? Dass das Virus – das ja in den Augen vieler gar nicht existiert – irgendwie von selbst im Orkus verschwindet, wie der große Meister das prognostiziert hat? Dass wir's einfach laufen lassen wie in Schweden, no risk, no fun? Nebenbei: Die schwedischen Zahlen auf das wesentlich größere Deutschland umgerechnet ergäbe eine Opferzahl von 46.690, also gut fünfmal so hoch wie die tatsächlichen hiesigen Zahlen.
Bisher war ich sehr zufrieden – sowohl mit den gemeinsamen Maßnahmen von Politik und Gesundheitsexperten, aber auch mit der allgemeinen Vernunft und Disziplin unserer Mitmenschen hier in Münsing und im ganzen Land. Und wenn ich auf die Zahlen fast aller anderen Länder blicke, bin ich heilfroh, hier zu leben, aber wenn ich sehe, was da in Berlin abgeht oder bei diesen Kleingeistern, die sich an der B96 aufmandeln, dann wird mir angst und bang.

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Samstag, 25. Juli 2020
Sa., 25. Juli
Warum immer wieder Trumpl? Wenn es doch eigentlich um Corona in Münsing geht? Tja, es soll ja nicht nur thematisiert werden, wie das Virus sich in Münsing aufführt, sondern was man aus aller Welt in Münsing davon hört. Und schließlich ist Trumpl-Land die größte Corona-Weltmacht in unserem ganzen Sonnensystem, soweit bekannt. Immerhin sind die jetzt bei vierkommaeins Millionen Infizierten, also 300.000 mehr als Anfang dieser Woche. Da kann man sich schon ganz gut abschauen, wie man’s besser nicht machen sollte. Und der Trumpl ist halt auch ein echter Gaudibursch, über den es immer wieder lustiges zu berichten gibt – ein willkommener Lichtblick in diesen dunklen Zeiten.



Außerdem wird er ohnehin bald in der Versenkung verschwinden oder hinter schwedischen Gardinen. Vielleicht gibt’s vorher noch einen Riesenknall, aber schließlich wird er das werden, was ohnehin schon lange zu erwarten war: ein Treppenwitz der Geschichte.

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