Dienstag, 17. Mai 2022
So., 15. Mai 2022
Dr. Lohse berichtet: Die 113. Woche der Pandemie in Münsing
Tag 7 meiner eigenen Coronainfektion, Tag 5 bei meiner Frau, die, wie es sich nach über dreißig Jahren Ehe geziemet, gleichzieht und nun auch mit einem dick positiven Coronaschnelltest brillieren kann.
Noch bevor ich das Testergebnis im Internet abrufen kann, klingelt das Telefon und es wird mir amtlich mit routinierter, fast gelangweilter Stimme mitgeteilt, dass ich bis zum 13. 5. Mitternacht in strenger Selbstisolation zu Hause zu bleiben habe, danach wieder frei sei. Meine Frage, ob ich mich als Angehöriger der ärztlichen Zunft dann mittels PCR freitesten muss, wird irritiert mit dem Hinweis, dass das ja wohl in meiner eigenen Verantwortung läge, abgeschmettert. Welch Wandel: Noch vor zwei Jahren wurden Quarantänemaßnahmen auch mit Hilfe der Polizei kontrolliert, zwei Wochen Isolation waren das Minimum, tägliche Telefonanrufe durch das Amt. Heute kommt einmalig ein Telefonat, eine kurze Zeit der nicht kontrollierten Selbstisolation - das war es...
In Kenntnis des sich rasch ändernden Regelwerkes weiß ich, dass ich mich ohne weitere Maßnahmen nach fünf Tagen wieder frei in der Welt bewegen darf, vorausgesetzt ich bin "symptomfrei". In der Arztpraxis darf ich (extra Regelwerk) erst wieder arbeiten, wenn ich PCR-negativ bin, da wir besonders vulnerable Patienten gefährden könnten. Nun ist am Tag acht mein heute durchgeführter Nasenbohrer-Schnelltest dick und fett positiv, in zartrosa. Was ist nun symptomfrei?

Zu Beginn der Infektion hatte ich das Gefühl, anstelle Myoglobin Vanillepudding in den Muskeln zu haben. Das Ersteigen des ersten Stockwerkes war derart anstrengend, dass jeder Gang wohl bedacht sein wollte. Das Atmen fiel schwer, die Bronchien pfiffen und sangen mit jedem Atemzug. Die Sauerstoffsättigung rutschte einige Punkte herunter. Ein allgemeines Krankheitsgefühl umfing mich, das Denken war zäh, das Bett mein Freund. Fieber oder Schmerzen traten nie auf.
Dann wandelt sich nach drei Tagen das Bild, Schnupfen und Nießen benötigen Berge von Taschentüchern, Bewegung ist anstrengend, aber es geht bergauf.
Nun 7 Tage nach Beginn habe ich noch einen vermehrten Schlafhunger, das Treppensteigen führt immer noch zu stark vermehrten Schnaufen, aber allgemeine Bewegung geht wieder gut. So kann ich nun stundenweise bisserl kruscheln, dann wieder eine lange Pause machen. Meiner Frau geht es ähnlich, wobei sie sich scheinbar etwas schneller erholt (sie ist ja auch viel jünger - vier Monate!)
Die rote Mappe ist leer, die Garage in Ansätzen aufgeräumt. Der Garten sieht traumhaft aus, ich konnte die schmalen Wege durch die herrliche Blumenwiese mit dem Rasenmäher nachmähen und flaniere nun regelmäßig wie ein echter Rentner durch den Garten und sehe nach dem Rechten.
Auch die Rechnungen für das Landratsamt sind geschrieben. Kaum drei Tage im Briefkasten, da beendet der Freistaat den Katastrophenfall. Da ich ja gerade Zeit habe, schreibe ich noch eine letzte Mai-Nachzügler-Rechnung und schließe damit das Kapitel "Versorgungsarzt" ab.
Damit verfüge nun auch nicht mehr über die Autorität, die mir der Gesetzgeber für dieses Katastrophenamt zugesprochen hat, die ich aber niemals benötigt habe. Da allerdings die Politik vorsichtig geworden ist, werde ich sofort gefragt, ob ich nicht vielleicht als "Ärztlicher Koordinator" weiter tätig sein möchte, man wisse ja nicht was kommt.
Aber es ist wirklich still geworden um die Tätigkeiten der Kommunen, der Ämter und der Politiker in Sachen Corona. Nur Herr Lauterbach reckt, sobald man ihn sieht, seinen mahnenden Lieblingsfinger und mahnt vor der Rückkehr der Deltamutation und meint, es würden im Herbst nun zwei Impfungen - eine gegen Omikron und eine gegen Delta - anstehen. Nu sollse mal hinnemachen und die versprochene Omikronadaption fertigmachen, die uns nach dem Motto "alles ganz einfach" für März versprochen hatten. Und nach meinem Verständnis ist bei der adaptierten Neuentwicklung beides (Delta und Omikron) inbegriffen ? wahrscheinlich jedoch hat Kollege Lauterbach noch viele Millionen herkömmliche Impfungen im Keller. Die will halt keiner haben, da die aktuellen Impfungen bei Omikron zwar vor schwerem Verlauf, nicht aber von Infektion schützt ? wie ich bezeugen kann.
Jetzt bleibt noch abzuwarten, dass ich nicht mehr ansteckend bin, dann kommt der nächste Schritt Richtung Normalität. Ein Fest.

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