Donnerstag, 24. Juni 2021
Di., 22. Juni 2021
Trauriger Anblick. Am Sonntag hatte ich die Idee, von Balkon aus den Gemüsegarten unserer Nachbarn zu fotografieren, einen der am besten strukturierten und am liebevollsten gepflegten in ganz Europa, soweit ich das einschätzen kann. Es war leider schon zu schattig, weshalb ich das Foto am nächsten sonnigen Morgen machen wollte. Leider kam es nicht mehr dazu: nachdem der Garten bereits gestern vom Hagel malträtiert wurde, bekam er heute den Rest. Zunächst kam nachmittags ein Sturm auf mit gefühlt 500 Stundenkilometern, dann erneut Hagel, wenn auch nicht mit so riesigen Körnern wie gestern, dafür aber ergossen sich ungeheure Regenmassen auf uns.



Der Gemüsegarten wurde also erneut von Eiskörnern attackiert und danach auch noch sintflutartig überschwemmt, wie auf dem Bild zu sehen. Bei dem Anblick meinte die Nachbarin resigniert, sie werde wohl in Zukunft Reis anbauen. Das fühlt sich alles nicht gut an.

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Mo., 21. Juni 2021
Sommeranfang. Der Tag fing schon so komisch an. Schon am Vormittag drückte der Himmel schwül, schwer und grau auf die Münsinger Ebene hernieder. Naja, so beginnt halt der Sommer, dachte ich mir, verrichtete mit langsamen Bewegungen alle möglichen Arbeiten und freute mich auf das EM-Spiel zweier korrupter Staaten: Österreich und Ukraine. Austria gewann knapp und kommt tatsächlich ins Achtelfinale.



Nach dem Spiel kam Bewegung in den bleiernen Himmel. Es wurde ziemlich dunkel, und immer mehr schwarze und fad-gelbe Wolken ballten sich zusammen, jagten sich gegenseitig, schraubten sich nach oben und fielen wieder auseinander. Nach einem kurzen Windstoß hörten wir den ersten Einschlag, dann ganz schell mehrere und dann ein Stakkato von ohrenbetäubender Lautstärke. Unsere beiden Katzen hatten sich unter Betten zurückgezogen und stießen jämmerliche Klagelaute aus. Vom sicher überdachten Balkon aus sahen wir zu, wie unser gemeinsamer Gemüsegarten und unsere Autos vom Hagel zerdeppert wurden. In kürzester Zeit war der ganze Boden mit Körnern von zum Teil monströser Größe bedeckt. Als das Getrommel nachgelassen hatte, sammelten wir die größten von ihnen ein, hier der Ertrag: das Orangene in der Mitte ist ein Tischtennisball.



Netterweise hatte der Wettergott ein Einsehen, sodass wir unsere Elektro- und Online-Geräte wieder anschließen und das nächste EM-Spiel ansehen konnten, bei dem erfreulicherweise ein weiterer Korrupti-Staat sauber eins auf den Deckel bekam, nämlich die Russen durch die wackeren Dänen mit 4:1.

Offenbar hatte sich auch Petrus das Spiel angesehen, denn danach gings wieder los. Von unserem kilometerweiten Rundumpanoramablick aus sahen wir von der westlichen Seeseite her ein Blitzlichtgewitter aufziehen, das sich in stürmischer Eile über den gesamten Himmel ausbreitete. Im Sekundentakt ließen riesige Blitze die ganze Gegend fast taghell erstrahlen, und kein einzelner Donner war mehr zu hören, sondern ein durchgehendes dröhnendes Grollen, gut eine Stunde lang. Gelegentlich neige ich zur Übertreibung, wie zumindest meine Frau sagt, diesmal nicht: So einen Hagelschlag und so ein Gewitter habe ich noch nie erlebt, und ich lebe ja schon ganz schön lange. Ob nicht vielleicht doch der Klimawandel...? Aber immerhin: Ich habe mal für ein paar Stunden nicht an Corona gedacht.

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Sa., 19. Juni 2021
Dr. Lohse berichtet: die 66. und 67. Woche der Pandemie in Münsing
(19.06.2021)

Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn das Telefon um vier Uhr morgens läutet, insbesondere wenn man Hausarzt ist. Ein betagter Landwirt ist gestern gestürzt und hält nun die Schmerzen nicht mehr aus. Aber als Lohn der frühmorgentlichen Arbeit sitze ich nun auf der Terrasse und bemerke auf`s Neue, wie unglaublich viele Raben dieses Jahr den Himmel bevölkern, Lärmen, gurren, Krächzen, die teils im Stimmbruch sind oder noch viel üben müssen. Dazwischen tönt ein klagendes Maunzen kombiniert mit Knarren, völlig anders, ist aber auch ein Rabe.
Gestern war ich zu einem Zeitungsinterview geladen, um gemeinsam mit dem Landrat die aktuelle Lage der Pandemie im Landkreis zu werten. Die Inzidenzen liegen im niedrigen einstelligen Bereich, das Land öffnet sich immer weiter, aber dennoch beschleicht mich ein mulmiges Gefühl. In Wolfratshausen ist ein erster Patient mit der neuen ?Delta-Mutation?, vormals indische Mutation entdeckt worden. Dank der häufigen Testungen wurde er rasch entdeckt, nun besteht Quarantäne und Testung der Umgebung. Diese Deltavariante soll weitaus stärker übertragbar sein und angeblich ? aber das wurde fast von jeder neuen Mutation gesagt ? auch stärker krank machen. Zu diesem erstmaligen Auftreten der Deltamutation kommen nun auch noch Ereignisse, die die Impfkampagne bremsen. Die Firma Johnson&Johnson muss viele Millionen Impfungen wegen Qualitätsmängeln vernichten. Die erwartete neue mRNA-Impfung aus Deutschland von Curevac scheint den Anforderungen der Schutzwirkung nicht gerecht zu werden. Biontech kündigt verminderte Lieferungen an. Die Analyse dieser Faktoren hinter dem Verbalgetöse der Gesundheitspolitiker macht mich skeptisch, ob wir das Tempo der Impfungen halten, geschweige denn steigern könnten. Wenn ich die Kapazitäten der Impfzentren, der niedergelassenen Ärzte und der Betriebsärzte zusammenzähle, stelle ich fest, dass sie nicht einmal zu 50% genutzt werden können, da weitaus zu wenig Impfstoff vorhanden ist.
Die Situation jetzt ist vor diesem Hintergrund vergleichbar zu der vor einem Jahr: Alle freuen sich, das Land öffnet sich, wir fahren in den Urlaub und im Herbst rollt die nächste Welle.

Beide Beteiligte in der Pandemie haben aufgerüstet: Die Pandemie hat sein Virus noch schneller und stärker gemacht, wir haben schnellere Testungen und Schutzimpfungen. Wenn sich nun bei dieser traumhaft niedrigen Inzidenz alles in die Arme fällt, aber nicht durch eine Impfung geschützt ist, dann ist der Boden bereitet für die nächste Runde.

Die Vernunft und Disziplin, macht auch in diesem Sommer eine Pause. Flatrate-Partys (für den Nicht-Insider: Du zahlst eine Summe, zum Beispiel 25 Euro und kannst trinken, was Hirn, Magen und Leber aushält) und ausufernde Geburtstagsfeiern sind zwar weiterhin verboten, finden sich aber hinter jeder zweiten Gebüschecke. Ich möchte mal den pandemisch mahnenden Finger beiseite lassen, mache mir aber um zwei andere wichtige gesellschaftliche Aspekte echt Gedanken:
Tausende Bürger lernen gerade, dass man sich über Verbote und Regeln hinwegsetzen kann, dass das sogar ziemlich cool ist. Dieses wird von vielen mit einem schweigenden Augenzwinkern übersehen, man hält dicht, steht zusammen, wer nicht dicht hält, ist ein Verräter (wenn man erwischt wird, drohen dem Veranstalter fünfstellige Strafen). Nun sind aber Regeln und Gesetze notwendig und der Respekt vor ihnen die Basis unseres gesellschaftlichen Miteinanders. Wenn ich am regelmäßigen Übertreten dieser Regeln lerne, dass sie nichts wert sind und keinen interessieren, so wird sich das auch auf andere Bereiche übertragen. Das macht mir Sorgen.
Der zweite Aspekt konzentriert sich ausschließlich auf die jungen Menschen: Die Burschen und Mädels, die sich an die Regeln halten, stehen in diesem Sommer in der Gefahr, im Ringen um die Anerkennung Gleichaltriger Verlierer zu werden. Wenn morgens mit der Frontladerschaufel zentnerweise das Leergut der letzten Flatrateparty aus dem Wald gefahren wird und die coolen Bilder vom tollsten Rausch die mediale Runde machen, dann sind diese Anständigen ausgeschlossen. Das war zwar schon immer so, aber in diesem Sommer ist es weitaus krasser, es geht nicht nur um einen sinnlosen Rausch, sondern um das bewusste Übertreten von Verboten. Und tatsächlich muss augenblicklich in den dörflichen Gemeinschaften der jungen Menschen diese Spaltung festgestellt werden: Große Gruppen, die sich nichts scheren um Richtig und Falsch und sehr viele Einzelpersonen, die eigentlich alles richtig machen, aber das Gefühl haben, irgendwie alles falsch zu machen und nicht ?dazu zu gehören?. Mich als sozial gesättigten Endfünfziger macht das traurig.

Mein Beitrag dazu kann nur sein, dass ich alles in meiner Kraft Stehende unternehme, diese Impferei voranzutreiben, um diese Spannungssituation für so viele Menschen zu beenden.

Wir sind in einem Wettrennen. Wer ist schneller: Das aufgerüstete Virus, das im Herbst wieder einen Jahreszeitenvorteil hat und, wenn es dumm läuft, eine Flatrateparty als Appetizer nutzt? Oder der breite Schutz vieler Bürger, wodurch der Boden für Virusvermehrung unfruchtbar wird.
Ich bin heute schon gespannt, was ich in vier Monaten hier schreiben werde.

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