Dienstag, 1. Dezember 2020
Di., 1. Dezember
Krankenhaus, Tag eins, 15:00 Uhr:
Mein Weihnachtsgeschenk – ein neues Hüfterl – erhalte ich in der Benediktus-Klinik in Tutzing, von wo aus ich die nächste Zeit meinem Freiwilligendienst als Blogwart nachkommen werde. Hier ist alles coronamäßig maskiert – außer mir. Ich bin der Einzige, der umaskiert herumlaufen darf, aber nur, solange ich in meinem Zimmer bleibe. Gerade war der Prof. da, der mich operieren wird, und den ich noch nie ohne Maske gesehen habe. Aber ich konnte mich per Google überzeugen, dass er (auch) ohne Maske ganz vertrauenswürdig aussieht. Morgen wird er mich also bearbeiten. Fünf OPs hat er vor, und obwohl er gleich unaufgefordert versichert, dass er sehr fit sei, bin ich doch froh, dass ich schon als Zweiter drankomme.

Es hat gute Gründe, warum ich mich zur OP hierher begeben habe: vor drei Jahren litt ich unter dem sog. Schaufenstersyndrom. Kein Witz. Angeblich heißt das so, weil man sich nach dem Betrachten von ein bis zwei Schaufenstern hinsetzen muss, weil einem unterm Gehen die Füße einschlafen und schließlich völlig taub werden. Also habe ich mir hier in der Klinik meinen Spinalkanal minimalinvasiv freiräumen lassen. Als ich aus der Narkose erwachte, fühlte sich das an, als wäre ich in Lourdes gewesen oder bei einem brasilianischen Heilheini: alle Symptome waren und sind seither sowas von wie weggeblasen, als hätte es sie niemals gegeben.

Gerade wollte ich in die Cafèteria runter gehen, um ein Privileg zu genießen, das coronabedingt nur die hiesige Isolationshaft zu bieten hat: Hinsetzen, Kaffee trinken, Kuchen essen. Ohnehin habe ich beste Erinnerungen an das Etablissement, denn als ich vor drei Jahren hier war, hing dort eine BILD-Zeitung aus mit der balkengroßen Schlagzeile, dass Schauspieler Fritz Wepper, der alte Schwerenöter, bei einer Affäre mit der teilaufgeblasenen Kollegin Dolly Buster erwischt worden war. Darüber geriet eine Besucherin mit dunkler Reibeisenstimme und Rotweinglas heftig in Rage und zog in derbsten Ausdrücken lautstark über den armen Wepper her. Als der Caféteria-Pächter sie mit gedämpfter Stimme zur Mäßigung aufforderte, wurde die Dame noch lauter und verkündete, dass es ihr eh völlig egal sei, was dieser ..... mit dieser ..... anstelle. Dann kaufte sie die Zeitung und zog ab.

Ich merke, dass ich noch nicht im Krankenhaus-Rhythmus angekommen bin, denn wenn es um halb fünf Abendessen gibt, ist natürlich auch klar, dass die Caféteria schon um zwei schließt.
Als die Stationsschwester meine Enttäuschung bemerkte, brachte sie mir netterweise einen Cappucino, der fast so gut schmeckte wie bei bei K & K in Münsing.

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