Freitag, 27. März 2020
Fr., 27. März
America first! Auf bittere Weise erfüllt sich gerade das Leitmotiv des GröTaz (Größter Trumpel aller Zeiten): Die USA liegen nun bei den Corona-Infektionen vor China an der Spitze – und das gleich mal mit gehörigem Abstand.


Elke aus dem Wald wie oft hab ich als Kind ganze Buschen dieses Blümchens mit nach Hause gebracht und meiner Mutter geschenkt! Ihr auch? Eine schöne Erinnerung!




Dr. Lohse berichtet (2) Die zweite Pandemiewoche beginnt ruhig, es ist ein kalter Montag, der 23. März, in Kroatien hat die Erde gebebt.

Das A-Team ist nun mit Dr. Özden in der Praxis, das B-Team wechselt in den Außendienst, logistische Arbeiten, die allfälligen Schreibarbeiten. Immer noch in Quarantäne in Attenkam, dem zweitschönsten Ort der Welt, telefoniere, koordiniere und versuche ich, der Kollegin Arbeit abzunehmen. Mein Schreibtisch mit Laptop, Handy, Zettel und Stift wird mein neuer Arbeitsplatz – bis Montag um 11:20 Uhr. Dann fallen in Attenkam Telefon und Internet aus. Wie in meiner Bundeswehrzeit bei den Übungen auf der Offiziersschule. Da dachten sich Übungsleiter auch immer neue Schikanen aus, um uns zu stressen – Kommunikationsausfall. Aber erstens sind wir nicht in einer Bundeswehrübung, zweitens gibt es heutzutage Handy, die Erinnerung liegt 36 Jahre zurück.

Ein Schreiben trudelt ein, dass unser langjähriger Lieferant „leider keine Schutzartikel wie Mundschutz, Desinfektionsmittel, Handschuhe mehr liefern kann, da die Bundesregierung die Produkte bei den Herstellern zentral abzieht“. Lieferstopp für die mindestens drei Wochen, Vorräte in der Praxis noch 10-14 Tage.
Aber dann wachen positive Kräfte auf, ein wundervolles Geschehen: Verwandte, Handwerker, Patienten kommen auf uns zu, fragen nach unserer Not, die ja pressekundig ist. Mundschutzmasken, hochwertige Gesichtsmasken, Schutzanzüge, unabhängig voneinander fragen sie und bringen uns von ihren Vorräten. Ungefragt, kostenlos, super.
Abgesehen von der tatsächlichen Dringlichkeit ist dies eine unglaubliche Bestätigung für unser Team, dass sie nicht alleine sind, dass wir gemeinsam handeln. Schön, sehr schön!

Holzhausen, die Maibaumwache, der Wachwagen. Der Sturm beginnt,
Aus dem Kreis der Maibaumwache wird - aufgrund der Überlastung des Labors - erst nach Tagen ein erster positiver Fall gemeldet. Eine junge Frau ohne Urlaub in einem Risikogebiet, ohne bewusstem Kontakt zu anderen Erkrankten, aus dem „Nichts“ mitten in Holzhausen, mitten in geselliger Wachhüttenrunde ist positiv getestet, hat Viren ausgeschieden in froher Runde. Die Holzhauserin entscheidet sich zu einem mutigen Schritt: Nach entsprechender Rücksprache mit uns veröffentlicht sie dies in der Whatsappgruppe „Holzhausen am See“. Rasch wird klar, dass mehrere gleichzeitig erkrankt sind, dass dieser scheinbar erste Fall gemeinsam mit einer Handvoll anderer angesteckt wurde. Aus dieser ersten Welle ist eine zweite schon im Entstehen, mit Erkrankungsbeginn am 22. März.

Das neu entstandene Drive-In (Station zum Coronavirus-Test im Auto) in Bad Tölz, bei dem wir unsere Patienten sofort zum Abstrich anmelden, ist völlig überlastet, keine Termine. Also beschließen wir, ein eigenes Drive-In zu initiieren. Am Mittwoch, dem 25. 3. testen wir 17 Menschen mit verdächtigen Krankheitssymptomen. Etwa zwei Drittel sind positiv. Eigentlich gesunde junge Leute mit nicht arg schweren Symptomen. Viel Aufklärungsbedarf, die Holzhausener whatsapp-Gruppe übersteigt nun 100 Mitglieder. Leider erkrankt eine sonst völlig gesunde Frau schwer, und befindet sich nun auf einer Intensivstation.
Draußen in der medialen Öffentlichkeit wird über Sinn und Unsinn des Testens diskutiert. Da wir nun eine Quasi-Ausgangssperre haben, wird das Testen äußerst sinnvoll. Die spontane Übertragung durch soziales Mischen wird reduziert, durch Testen finden wir die Covid-19 Patienten. Denen hilft das zwar erstmal nichts, aber denen, die nun durch geändertes Verhalten nicht ansteckt werden. Das Testen wird uns helfen, die aktuelle Totalblockade später wieder gezielt lockern zu können.

Von hundert Covid-19 Infizierten bekommen vielleicht 80 Symptome. Von den 80 Erkrankten werden vielleicht nur 16 richtig krank – davon die Hälfte so schwer, dass sie in die Klinik müssen. Von den Acht, die nun in der Klinik sind, stirbt trotz optimaler Behandlung vielleicht einer. Wenn durch Überlastung der Klinik die Behandlung nicht optimal ist, sterben von dem Achtertrupp aus der Hundertschaft vier Menschen. Unser Ziel ist es, so wenig Achtertrupps wie möglich in die Klinik zu schicken – also möglichst wenig Hundertschaften zu haben. Deswegen bin ich ein absoluter Verfechter der Ausgangsbeschränkungen und der Tests.

Das Wochenende kommt. Wir bereiten mit Hochdruck verstärkte Testmöglichkeiten vor, da uns das Landratsamt hierum gebeten hat. Unsere spontanen Aktionen haben beeindruckt und entlasten das Gesundheitsamt. Die Dorfgemeinschaft und die Gemeinde hilft mit. Dank an alle!

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