Montag, 18. Mai 2020
So., 17. Mai
Corona bringt’s ans Licht: Es ist nicht weiter erstaunlich, dass bei den Corona-Infektionen und weitgehend auch bei den Opferzahlen Länder mit dubiosen Regierungen und ebensolchen Staatschefs an der Spitze liegen: USA, Russland, Großbritannien und Brasilien. Mittelfristig werden die Türkei, Iran und Indien zur Spitze aufschließen, wohingegen in Italien, Spanien und Frankreich die strengen Maßnahmen Wirkung zeigen, und die Infektions- und Opferzahlen sinken – ebenso bei uns in Deutschland, wo es nie so schlimm war. Dass Russland trotz der weltweit zweithöchsten Zahl an Infizierten eine darauf bezogene Sterberate von unter einem Prozent hat, erklärt sich wohl auch dadurch, dass Ärzte, die anderes behaupten, urplötzlich aus Hochhausfenstern fallen, wie in den Nachrichten berichtet wurde.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Menschen in den von Corona am schlimmsten betroffenen Ländern besinnen und sich von ihrem Anführergesindel befreien – spätestens bei den nächsten Wahlen.

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Dr. Lohse berichtet: Die zehnte Woche der Pandemie in Münsing
Alles lockert sich. Die Eisheiligen sind vorbei, meine Tomaten leben noch, eben habe ich die Dahlien in die Erde versenkt und mir einen kleinen Sonnenbrand geholt. Die Bauern flogen gestern über die Wiesen und machten den ersten Schnitt, die Rehe haben ihre Kitze gesetzt.

Die Straßen füllen sich mit vielen blassen, oft sehr fröhlichen, teils sehr ernsten Gesichtern. Aber alle waren beim Friseur. Während die Menschen die letzten Wochen oft scheu und fast mit einem schlechten Gewissen durchs Land huschten, immer mit einer Ausrede auf den Lippen, warum man nun nicht in der Wohnung war, lockert sich das alles. Man grüßt sich wieder, es wird gelacht und -mit Abstand! – geratscht. Da und dort ein Picknick, Myriaden von Radlern. In der Praxis nun auch schon die ersten Zecken, die mit spitzer Pinzette entfernt werden wollen.

Die pandemische Anspannung lässt nach, insbesondere da die Zahlen sinken. Vorgestern hatten wir nicht mal mehr ein Dutzend aktiv Coronaerkrankte im Landkreis!
Wichtig ist unsere Aufmerksamkeit, da wir ja fast schon wieder so dastehen, wie zu dem Zeitpunkt, als die ersten Webasto-Erkrankten aufploppten. Aber ich bin recht optimistisch, dass wir viel dazu gelernt haben und die Grunddisziplin haben, uns richtig zu verhalten.
Natürlich gibt es auch dieses Wochenende Demonstrationen. Aber es ist eigentlich eine kleine Menge Menschen, die vielleicht doch auch bald kapieren, dass sie nur instrumentalisiert werden. Und so mancher wird wohl auch noch in zwanzig Jahren glauben, dass hier eine riesige Show abgezogen wurde. Aber die Gedanken sind ja frei und ich lebe in einem Land, da darf ich meine Gedanken sogar frei äußern.

Vor diesem Hintergrund wirkt es fast schon etwas bemüht, dass „wir“ (das Landratsamt, der Krisenstab, Die kassenärztliche Vereinigung und unsere Praxis als koordinierende Verantwortliche) extra eine Covid-19 Schwerpunktpraxis aufziehen. Da investieren wir gemeinsam Zeit und Geld, Ideen und Aufwand für etwas, was wir hoffentlich nicht mehr brauchen. In den letzten Wochen sind viele Dinge im Hintergrund entstanden, die jetzt überdimensioniert wirken. Zum Beispiel einen Hausbesuchsdienst, extra für Covid-19-Erkrankte. Oder eine Materialausgabe im Landratsamt für Schutzmaterial. Listen von Reservekräften für Kliniken, wenn die Mitarbeiter ausfallen (eine unserer Töchter, kurz vor dem Studienabschluss Medizin ist eine solche Reservistin). Für 12 Patienten in einem Landkreis von 120 000 Einwohnern braucht es das nicht.
Aus meiner Sicht verdanken wir die augenblicklich sehr günstige Situation der Kombination aus maximaler Geschwindigkeit am Anfang, mit Vertrauen der Bürger in die Maßnahmen und daher selbständiger Befolgung der notwendigen Schritte. So ein Umschalten von Alltag auf „alles ist anders“ habe ich in meinem Leben noch nie erlebt – muss es auch nicht zu oft haben. Dahinter steht die Erkenntnis, dass es wirklich ernst ist. Und vor diesem Hintergrund meine ich, dass es nicht zu viel und übertrieben ist, was da im Hintergrund alles gemacht wird.
Ein kleines Nebenprodukt der Pandemie freut mich täglich: Der Schnaps. Besser gesagt, der gute Geruch frisch gebrannten Schnapses. Vor Wochen, als uns die Handwerker mit ihren Schutzmasken retteten, gab es ja nichts. Auch kein Desinfektionsmittel. War hatten zwar viel Vorrat, aber der Bedarf war noch größer. Mein zukünftiger Schwiegersohn hat einen Freund, der ist Brauer, arbeitet in Österreich in einer Schnapsbrennerei. Aber die hat Probleme: Keine Touristen, kein Schnapsbedarf. Also haben sie umgestellt und produzieren nun zertifiziertes Händedesinfektionsmittel. In ihrer Destille. Von diesem Produkt konnten wir einen großen Kanister ergattern und verwenden dieses wunderbare österreichische Produkt vielfach täglich. Anfangs beäugte ich den Patienten vor mir etwas misstrauisch, dass er schon am frühen Vormittag schnapselt, aber es waren meine eigenen Hände. Wahrscheinlich ist jetzt mein Ruf total ruiniert und es geht schon seit Wochen das Gerücht, dass der Lohse schon vormittags pichelt.

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