Sonntag, 24. Mai 2020
So., 24. Mai
Die Teutonen ziehen es durch. So lautete eine italienische Schlagzeile letzte Woche, als der Spielbetrieb der Bundesliga wieder anfing. Zu Beginn gab’s einen lauten Misston aus Berlin, als einer der Spieler zeigte, was man machen muss, wenn man nicht mitspielen will vor leeren Rängen oder auf den Sitzen platzierten stummen Pappkameraden: Er hat einfach mit seinem Handy ein paar Szenen aus dem Kabinenalltag gefilmt – und schon war er raus aus der Partie. Eigentlich bedauerlich für den Spieler – gerade er als Afrikaner hätte endlich mal Gelegenheit gehabt, vor einer unvoreingenommenen Kulisse zu spielen, schließlich geben die Pappkameraden weder das von sich, was harte Fans für Urlaute von Schwarzen halten, noch fallen sie durch rassistische Gesten auf. Es gibt auch kein Hopp-Bashing, keine Bengalos werden gezündet, keine Exhibitionisten flitzen übers Feld, keine Klorollen oder Feuerzeuge werden geworfen und kaum Schiedsrichter bedroht.



Die ersten Spiele haben auch gezeigt, dass technisch hochbegabte Spieler ihre Fähigkeiten besser ausspielen können gegenüber den Kampfmaschinen, die den scharfen Atem der Fans spüren müssen, um richtig auf Touren zu kommen. Endlich hört man auch daheim im Sessel, was die Trainer so alles an Anweisungen hineinrufen. Das Ganze wirkt irgendwie zivilisierter unter Corona, z. B. dadurch, dass die Spieler nicht ständig auf den Boden spucken dürfen und dabei auch noch in Großaufnahme gezeigt werden. Der oft zitierte Heimvorteil ist durch die Absenz des Stadionpublikums offensichtlich nicht mehr gegeben, wie der letzte Spieltag zeigt: Fünf Auswärtssiege stehen zwei Heimsiegen und zwei Remis gegenüber.
Außerdem denke ich, dass der gesamte Aufwand an öffentlicher Sicherheit und Ordnung in und rund um die Stadien sowie bei der Anreise wesentlich geringer ist und dem Steuerzahler eine Menge Geld erspart. Natürlich fehlt so manchem ein wenig die Atmosphäre, das Röhren der Südkurve, aber das könnte man ja ohne viel Aufwand über eine Tonspur aus der Konserve hinzufügen, wie das auch sonst im Fernsehen gemacht wird.
Ich fände es schade, wenn sich die Spieler jetzt alle gegenseitig anstecken würden, und die Saison gleich wieder vorbei wäre. Bis dahin halte ich es, wie unsere fußballbegeisterte Tochter sagte: „Ich finde es zwar bescheuert, dass die jetzt wieder spielen, aber sehen will ich das natürlich schon.“

... link (0 Kommentare)   ... comment